Finanzplanung in der Arztpraxis: Das sollten Sie beachten

Leere Wartezimmer, aufgeschobene Termine… für viele Ärzt:innen brachte die Corona-Pandemie finanzielle Einschnitte mit sich. Im Medscape Gehaltsreport 2021 gaben 52 % der Niedergelassenen an, dass sie Einbußen verkraften mussten, z. B. durch zusätzliche Ausgaben für Schutzkleidung, Abnahme der Privatliquidationen und IGe-Leistungen, Praxisschließungen aufgrund von Quarantänemaßnahmen sowie Überstunden. (1) Das Thema Liquidität wurde für viele auf einmal aktueller denn je. Doch was bedeutet Liquiditätsmanagement in der Praxis eigentlich? Wie kann man die Planung so gestalten, dass Unvorhergesehenes abgefedert werden kann? 

Dieser Artikel soll Ihnen Denkanstöße geben, im Einzelfall empfehlen wir eine Beratung durch Steuerberater:innen und Finanzexpert:innen.

 

Kennen Sie Ihre finanzielle Situation

 

Ein erster Schritt für eine gute Planung der finanziellen Lage ist die betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA), die meist monatlich erstellt wird. Sie ist eine vereinfachte Darstellung der Gewinn- und Verlustrechnung und gibt einen Überblick über die aktuelle wirtschaftliche Situation der Arztpraxis. Sie ist damit eines der wichtigsten Instrumente der wirtschaftlichen Praxissteuerung, da sie fast alle relevanten Daten und Zahlen sowie viele Kennziffern zur Beurteilung und Kontrolle der Praxissituation und Entwicklung enthält. (2)

 

Neben den Erfolgs- und Rentabilitätskennzahlen ist die Liquidität eine bedeutende Kennziffer in der Arztpraxis. Sie beschreibt, ganz kurz gesagt, ob Sie Ihre Rechnungen begleichen können und nicht in Zahlungsschwierigkeiten kommen. Dies kann dann geschehen, wenn größere Kostenblöcke übersehen werden oder unerwartete Einnahmeausfällen eintreten. Können Sie z. B. einmal nicht praktizieren, finden keine Vertretung und müssen deswegen Ihre Praxis schließen, hat das nicht nur unmittelbare Einnahmeausfälle zur Folge. Auch mittelfristig hat dies noch Auswirkungen, wenn dadurch die KV-Restzahlung auf Ihr zu erwartendes Honorar im gleichen Zeitraum des Folgejahres angepasst wird, wodurch Ihre zukünftigen Praxiseinnahmen sinken können. (3)

 

Doch nicht nur Einnahmeausfälle können die finanzielle Situation Ihrer Praxis negativ beeinflussen. Ein typisches Thema sind hier auch die Steuern, insbesondere die Verrechnung der Einkommensteuer und Steuernachzahlungen. Dies ist dann z. B. der Fall, wenn Sie im Vorjahr Investitionen für Ihre Praxis getätigt und mehr Gewinn erwirtschaftet haben. Dann kann nicht nur ein höherer Nachzahlungsbetrag an das Finanzamt anfallen, sondern auch die vierteljährlichen Einkommensteuervorauszahlungen steigen, was einen erheblichen Einfluss auf die Liquidität bedeutet. (3)

 

Zusätzlicher finanzieller Bedarf kann auch bei der Materialbeschaffung oder Lagervorhaltung zu einem zusätzlichen finanziellen Bedarf beitragen. So z. B. wenn Sie für dringend benötigte Arzneimittel in Vorleistung gehen müssen. Und auch private Ausgaben, die Sie aus den Überschüssen Ihrer Praxis bestreiten, können starken Schwankungen unterworfen sein, bspw. bei einer eine Fahrzeugreparatur. (3)

 

Starten Sie Ihre Liquiditätsplanung frühzeitig

 

Oft fällt im Zusammenhang mit der Liquiditätsplanung der Begriff „Management-by-Kontostand”. Dies bezeichnet eine Herangehensweise bei der die Liquidität anhand des aktuellen Kontostandes betrachtet wird und zukünftige Ausgaben bzw. Entnahmen nicht eingerechnet werden. Das betrifft besonders die zeitliche Differenz zwischen dem Abfluss der Einkommensteuervorauszahlung und dem Eingang der Restzahlung der Kassenärztlichen Vereinigung. Im Gegensatz dazu umfasst ein solides Liquiditätsmanagment einen dauerhaften Überblick und stellt sämtliche Einnahmen und Ausgaben der Praxis innerhalb eines festgelegten Planungszeitraums gegenüber. Durch diese zeitliche Einordnung des Finanzflusses können mögliche Liquiditätsrisiken frühzeitig erkannt und Investitionen besser geplant werden. (4)

 

Wie bereits genannt, ist die Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) eine gute Grundlage für die Liquiditätsplanung, da sie detaillierte Auskünfte über die Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse gibt. Die BWA, die Ihnen üblicherweise Ihr Steuerberater/ Ihre Steuerberaterin erstellt, unterstützt bei der Beurteilung der finanziellen Situation, indem dadurch bestimmte Fragen beantwortet und Trends aufgezeigt werden u. a.: (3)

 

  • Wie entwickeln sich Umsätze und Einnahmen?
  • Wie gestalten sich die Praxisausgaben und wie hoch sind sie?
  • In welchen Bereichen sind Kosten gestiegen oder könnten steigen?

 

So können Sie die Liquidität Ihrer Arztpraxis verbessern

 

Neben einer guten Planung gibt es auch andere Maßnahmen, mit denen Sie Ihre Liquidität verbessern können:

 

  • Schaffen Sie Transparenz bei Ihren Ausgaben und Konten und trennen Sie dabei Geschäftliches und Privates (5)
  • Rechnen Sie Behandlungen zeitnah ab. Für private Behandlungskosten, Zusatzzahlungen oder IGe-Leistungen können Sie z. B. auch eine direkte Kartenzahlung anbieten. (6) (7)
  • Organisieren Sie klare Zuständigkeiten bei der Abrechnung und schulen Sie sich und Ihre Mitarbeiter:innen regelmäßig, welche Neuerungen es z. B. gibt. Erfahren Sie dazu mehr von Abrechnungsexpertin Heike Junge-Rappenberg.

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Weitere Informationen zum Liquiditätsmanagement erhalten Sie in der Folge Liquiditätsmanagement in der Arztpraxis – das sollten Sie bei der Finanzplanung beachten” unserer Podcasts „What’s up Doc?! - Sprechstunde mal anders”. Hören Sie jetzt rein!

 

 

 

 

 

(1) kma online (zuletzt abgerufen am 06.01.2021 unterhttps://www.kma-online.de/aktuelles/wirtschaft/detail/aerzte-beklagen-verdiensteinbussen-waehrend-corona-pandemie-a-45731

(2) Arzt & Wirtschaft (zuletzt abgerufen am 06.01.2021 unter https://www.arzt-wirtschaft.de/lexikon/betriebswirtschaftliche-auswertung-bwa/)

(3) Berliner Sparkasse (zuletzt abgerufen am 06.01.2021 unter https://www.berliner-sparkasse.de/fi/home/ratgeber/ratgeber-heilberufe/finanzen/liquiditaet-in-der-arztpraxis-warum-eine-liquiditaetsplanung-sinnvoll-ist.html)

(4) Der niedergelassene Arzt (zuletzt abgerufen am 06.01.2021 unter https://www.der-niedergelassene-arzt.de/praxis/news-details/wirtschaft/liquiditaetsplanung-in-der-arztpraxis-warum-management-by-kontostand-zu-problemen-fuehren-kann)

(5) Arzt & Wirtschaft (zuletzt abgerufen am 06.01.2021 unter https://www.arzt-wirtschaft.de/finanzen/praxisfinanzierung/liquiditaet-wo-ist-mein-geld/)

(6) PVS Südwest (zuletzt abgerufen am 06.01.2021 unter https://blog.pvs-suedwest.de/blog/liquiditaet-arzt)

(7) Deutsche Gesellschaft für privatärztliche Abrechnung (zuletzt abgerufen am 06.01.2021 unter https://www.dgpar.de/blog/liquiditaet-arztpraxis/)